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5. Juli 2013 • In Kopie an die Weltöffentlichkeit
Erst seit zwanzig Tagen, seit der iranischen Präsidentschaftswahl 2013,
ist Hassan Rohani der designierte Präsident der Islamischen Regierung. Am 3.
August wird er Mahmud Ahmadinedschad ablösen. In dieser kurzen Zeit hat das neue
Regime mehr als 50 Menschen hingerichtet: ein Arbeiteraktivist wurde im Rajai-Shahr-Gefängnis
von Gohardasht (bei Karadsch) ermordet, im Gefängnis von Täbris sind zwei
Personen zur Steinigung verurteilt worden, das Regime hat sechs Männer zur Amputation
der rechten Hand verurteilt und ein Mann sollte geblendet werden, weil im Iran das
Gesetz gilt: Auge um Auge …
Meine Damen und Herren,
das Islamische Regime hat den Iran mit einer neuen Welle von Mord und Hinrichtung
überschwemmt, öffentliche Hinrichtungen durchgeführt und manche davon sogar live
im Fernsehen gezeigt. Erst in der vorigen Woche hat das Justizministerium von
einem eignen Fernsehprogramm gesprochen, das diese Barbareien allen Menschen
zeigen solle. Der Zweck dieser Brutalisierung liegt darin, die Menschen im Iran
zum Schweigen zu bringen und ein Klima der Angst aufzubauen, damit die Bevölkerung
keine Revolution plant.
Ich schreibe diesen Brief im Namen des Internationalen Komitees gegen die
Todesstrafe sowie des Internationalen Komitees gegen Steinigung, zweier
Organisationen, die sich solidarisch an die Seite von Hunderten iranischen Gefangenen
und der Menschen in den Todeszellen stellen.
Nur in den ersten vierzehn Tagen nach der Wahl Rohanis hat sich das Islamische
Regime still verhalten, doch dann, vor einer Woche, begann die Brutalität mit
aller Heftigkeit.
Am Dienstag, dem 18. Juni wurde Majid Afzali, 36 Jahre alt, im Gefängnis Rajai
Shahr hingerichtet. Am selben Tag erhielten wir die Nachricht, dass dort
insgesamt vier Personen hätten hingerichtet werden sollen, den drei anderen
wurde durch die Familien der Opfer verziehen, was nach der Scharia die Todessstrafe
aussetzt.
Am Donnerstag, dem 20. Juni wurden in Shahr-e Kord vier Menschen durch
Erhängen hingerichtet, darunter mit Golafrooz Fayouj eine Frau. Auch hat das Regime
einen jungen Mann auf der Straße hingerichtet, an einem Baukran.
Massenhinrichtung
in zwei Gefängnissen am 2. und 3. Juli
Am Dienstag und Mittwoch dieser Woche hat das Regime 25 Menschen in den
Gefängnissen Rajai Shahr und Ghezel Hesar (beide Stadt Karadsch) hingerichtet. Die
Angehörigen sind darüber nicht vorab informiert worden und auch die 25 Opfer haben
nicht gewusst, dass sie in wenigen Stunden hingerichtet werden würden.
Diese Woche hat das Islamische Regime in der Stadt Karadsch zwei junge
Menschen im Alter von 20 und 24 Jahren in aller Öffentlichkeit hingerichtet und
gestern, also am Donnerstag den 4. Juli, sechs Personen in Bam (Provinz Kerman).
Bei jeder öffentlichen Hinrichtung ist ein Geistlicher oder eine zuständige
Person von der Justiz oder von einem hohen Gericht dabei, um eine Rede zu
halten: Wir vom Islamischen Regime haben
alles unter Kontrolle, und wer gegen uns ist und gegen Gott, dem wird es so
ergehen wie diesem hier und …
Am Dienstag dem 2. Juli hat mich jemand aus dem Gefängnis von Täbris angerufen
und gesagt: Hier im Gefängnis wird über Zahrah und Ali Saee gesprochen, Cousine
und Cousin. Beide sind verheiratet, doch angeblich haben sie außerehelichen Sex
miteinander gehabt und das Regime hat beide zum Tod durch Steinigung verurteilt.
Sadegh Laridschani (Sadeq
Larijani) als der iranische Chef der Justiz hat das Todesurteil
selbst unterschrieben. Mit jeder Unterschrift von Laridschani wurden Hunderte im
Iran ermordet und alle im Täbris-Gefängnis haben Angst, dass beide gesteinigt werden.
Im selben Gefängnis ist Sakineh Mohammadi Ashtiani eingesperrt.
Aus Angst vor einer weiteren Welle weltweiten Protests gegen die Steinigung
im Iran war das Islamische Regime bis jetzt nicht mutig genug, so etwas zu tun.
Doch mit der neuen Regierung – wenig nachvollziehbar nennt man Rohani einen islamischen
Reformer, er sei moderat, ein Reform-Mollah – könnten die Steinigungen jetzt zurückkehren.
Das Islamische Regime hat auch insgeheim viele Morde begangen. In diesen
Tagen haben wir vom Tod oder von der Ermordung Afshin Osanloos gehört. Der seit
2010 inhaftierte und zu fünf Jahren Gefängnis verurteilte Gewerkschaftler starb
im Rajai Shahr, angeblich an einem Herzinfarkt. Tatsächlich fühlte sich der
ausgebildete Busfahrer nicht gut und begab sich ins Gefängniskrankenhaus – und
nach wenigen Stunden war er tot. Das ist der dritte derartige Todesfall oder Mord
im Rajai Shahr, verständlicherweise haben die Gefangenen jetzt Angst davor, in
die Krankenabteilung zu gehen. In Trakt 209 des berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnisses
war Afshin Osanloo bereits vorher gefoltert worden.
Die Tageszeitung Shargh berichtete vorgestern, dass die Machthaber die
Strafe an einem zum Zeitpunkt der Tat erst acht Jahre alten Jungen jetzt vollstrecken
wollen. Das iranische Strafgesetz erlaubt die Todesstrafe an Kindern, die aber
erst bei Volljährigkeit ausgeführt werden darf. Seit gestern konnten wir mit mehreren
Menschen im Iran reden und fanden die Nachricht bestätigt: Seit einem Jahrzehnt
sitzt ein damals im Alter von 14ten Lebensjahren inhaftierter junger Mensch im Gefängnis. Der Gefangene wird
nächste Woche 24 Jahre alt und einen Tag
nach seinem Geburtstag soll er öffentlich hingerichtet werden. Mehrere Kinderrechtsorganisationen
und Künstler möchten ihn retten.
http://sharghdaily.ir/?News_Id=14431
Sehr geehrter Herr Schultz, sehr geehrte Damen und Herren,
ich möchte Sie und alle Ihre Mitarbeiter dazu auffordern, Ihre Stimme gegen
diese Hinrichtungswelle zu erheben, sich eindeutig gegen diesen Tsunami der
Todesstrafen zu positionieren und etwas zu unternehmen.
Wir fordern den sofortigen und energischen Widerstand gegen diese Morde
und Hinrichtungen. Die Europäische Union muss mehr als bisher gegen das Islamische
Regime tun und darf nicht ignorieren, was im Iran seit zwei Wochen geschieht. Das
ist auch der Wunsch von Tausenden von Gefangenen im Iran: Machen Sie etwas, sagen Sie was …
Mina Ahadi
Internationales Komitee gegen Todesstrafe
Internationales Komitee gegen Steinigung
0049 (0) 1775692413
minnaahadi@gmail.com
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